Trotz einer geschätzten Häufigkeit von 10-20 % wird das Lipödem häufig nicht oder falsch diagnostiziert – mit erheblichen Folgen für die Betroffenen. Kennst du das Gefühl, dass dein Körper nicht mit dir, sondern gegen dich arbeitet? Disproportionale Fettansammlungen an Beinen, Hüften oder Armen, Schmerzen, die dir den Alltag erschweren, und eine erhöhte Neigung zu blauen Flecken – vielleicht kämpfst du auch mit diesen Symptomen, ohne eine klare Antwort zu haben.
Leider wird ein Lipödem oft als Übergewicht abgetan oder mit einem Lymphödem verwechselt, was die richtige Behandlung verzögert. Dabei handelt es sich um eine chronische, hormonell beeinflusste Erkrankung, die nicht nur dein äußeres Erscheinungsbild, sondern auch dein inneres Gleichgewicht betrifft. Östrogendominanz und Progesteronmangel sind zentrale Faktoren, die das Lipödem antreiben können. Zusätzlich spielen Entzündungsprozesse, eine gestörte Lymphzirkulation und genetische sowie epigenetische Einflüsse wie microRNAs eine bedeutende Rolle im Fortschreiten der Erkrankung.
Aber hier die gute Nachricht: Du bist dem nicht hilflos ausgeliefert. Mit einem besseren Verständnis der Krankheit kannst du deinen Körper aktiv unterstützen und gezielte Maßnahmen ergreifen, um deinen Alltag zu erleichtern. In den folgenden Abschnitten klären wir die häufigsten Missverständnisse, erläutern, warum eine reine Kompressionstherapie oft nicht ausreicht, und zeigen dir, wie du mit einem ganzheitlichen Ansatz – von hormonellem Gleichgewicht über Phytoprogestine bis hin zu entzündungshemmenden Diäten – wieder die Kontrolle über deinen Körper gewinnen kannst.
Das Lipödem ist eine chronische Fettverteilungsstörung, die fast ausschließlich Frauen betrifft - ein deutlicher Hinweis darauf, dass weibliche Hormone wie Östrogen und Progesteron eine zentrale Rolle spielen. Charakteristisch ist eine überproportionale Ansammlung von Fettgewebe an Beinen, Hüften, Gesäß und teilweise auch an den Armen, die häufig mit Schmerzen und einer erhöhten Neigung zu blauen Flecken einhergeht. Im Gegensatz zur Übergewicht kann das Lipödem nicht allein durch eine Kalorienreduktion bekämpft werden, da die betroffenen Fettzellen aufgrund einer gestörten Hormon- und Stoffwechselregulation resistent gegen Abbauprozesse sind. Das Lipödem wird in vier Stadien und verschiedene Typen eingeteilt, die von leicht knotigen Fettansammlungen (Stadium I) bis zu deutlich verhärtetem Fettgewebe (Stadium III) reichen.
Wissenschaftlich wird das Lipödem als eine Kombination aus veränderter Fettgewebsstruktur, chronischer Entzündung und gestörter Gewebemikrozirkulation beschrieben. Bei genauerer (histologischer) Betrachtung der Fettzellen beim Lipödem findet man vor allem im Unterhautfettgewebe eine hypertrophierte (vergrößerte) und hyperplastische (vermehrte) Anzahl von Fettzellen, insbesondere an den Beinen. Diese Fettzellen zeigen Anzeichen einer trägen Stoffwechselaktivität, unter anderem durch eine verminderte Anzahl von Mitochondrien. Dies könnte erklären, warum die betroffenen Fettdepots auch auf Diäten und körperliche Aktivität kaum ansprechen und schwer abzubauen sind.
Neben trägen Fettzellen finden sich bei der Lupenbetrachtung des Fettgewebes auch deutliche Zeichen einer chronischen geringgradigen Entzündung - erhöhte Entzündungsmarker und Entzündungszellen. Diese Entzündungsprozesse fördern die Verhärtung des Fettgewebes, vermindern die Gewebeelastizität und führen zu Schmerzen und Druckempfindlichkeit. Durch die Gewebeentzündung werden die Wände der Blutgefäße geschwächt, so dass Flüssigkeit und Eiweiße aus dem Blut in das Gewebe eindringen können. Dies führt zu Wassereinlagerungen (Ödemen), die das Fortschreiten der Erkrankung weiter beschleunigen. Zu allem Überfluss beeinträchtigt die Entzündung auch die Funktion des Lymphsystems, was den Abtransport von Flüssigkeit und Entzündungsprodukten zusätzlich erschwert.
Sowohl die chronische Entzündung als auch die Wassereinlagerungen führen bei Frauen mit Lipödem zu einer erhöhten Schmerzempfindlichkeit. Schon leichte Berührungen oder Druck auf die betroffenen Stellen werden als unangenehm oder schmerzhaft empfunden.
Immer mehr Forschungsergebnisse deuten auch darauf hin, dass genetische Veranlagungen und Veränderungen durch äußere Einflüsse (epigenetische Veränderungen) beim Lipödem eine wichtige Rolle spielen. Studien zeigen, dass bestimmte Gene, die für den Fettstoffwechsel, Entzündungen und die Bildung von Lymphgefäßen verantwortlich sind, bei Menschen mit Lipödem besonders aktiv sind. Zusätzlich können Störungen des Mikrobioms und oxidativer Stress diese genetischen Veränderungen verstärken und damit das Krankheitsbild verschlimmern.