Polyester und Fruchtbarkeit: Wie synthetische Fasern Hormone beeinflussen und was du dagegen tun kannst

Polyester ist aus unserer modernen Kleidung kaum wegzudenken – vom Sportshirt bis zur Unterwäsche tragen Millionen Menschen täglich Textilien aus diesem synthetischen Material. Gleichzeitig beobachtet man einen Anstieg von Fruchtbarkeitsproblemen und hormonellen Störungen wie PCOS (Polyzystisches Ovarialsyndrom), Endometriose oder Schilddrüsenerkrankungen.

Gibt es einen Zusammenhang?

In diesem Artikel beleuchten wir die Forschungslage zu Polyester und Unfruchtbarkeit und diskutieren, ob Polyester Eisprung oder Spermienbildung beeinträchtigt und wie du dich davor schützen kannst.

Eine Frau in Berufskleidung spricht auf einer Bühne in ein Mikrofon, während hinter ihr eine Präsentation läuft.

Written by

Lisa Emmer, MD

Das wichtigste auf einen Blick

  • Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist Polyester zur meistgenutzten Faser aufgestiegen. Die Produktion wuchs von ca. 5 Mio. Tonnen (1980) auf über 71 Mio. Tonnen jährlich (2023). Heute macht Polyester mehr als 50 % der globalen Faserproduktion aus.

  • Parallel dazu häuften sich hormonelle Erkrankungen bei Frauen wie PCOS, Endometriose und Schilddrüsenprobleme – Umweltmediziner sehen Verbindungen zu endokrinen Disruptoren aus Kunststoffen.

  • Studien zeigen: Polyester-Unterwäsche kann Spermienqualität verschlechtern. In Tier- und Humanversuchen führten elektrostatische Felder durch Polyester zu reversibler Azoospermie und Hodengewebsschäden.

  • Polyester und weibliche Fruchtbarkeit: Bei Hündinnen hemmte Polyestertextil am Unterleib Eisprung und Fruchtbarkeit, vermutlich durch elektrische Felder. Nach Entfernen des Polyesters normalisierten sich die Zyklen wieder.

  • Besonders kritisch ist Polyester bei direktem Hautkontakt im Intimbereich – z. B. durch Slips, Leggings oder enge Sportkleidung, die oft stundenlang getragen wird.

  • Mikroplastikbelastung: Polyester setzt Mikrofasern frei, die als Mikroplastik in Blut, Plazenta und Hoden nachgewiesen wurden. Sie tragen Schadstoffe und könnten Entzündungen sowie hormonelle Störungen fördern.

  • Empfohlen wird, Polyester insbesondere im Intimbereich zu vermeiden, Mikroplastikfilter beim Waschen einzusetzen und durch ballaststoffreiche Ernährung (Gemüse, Leinsamen, Flohsamen) die Ausscheidung zu unterstützen. Detox-Ansätze wie Sauna und Antioxidantien gelten ergänzend, sind aber wissenschaftlich noch nicht eindeutig belegt.

Lass uns zurückblicken: Polyester seit den 1930er-Jahren

Polyester ist eine Kunstfaser, genauer ein Polymer (Polyethylenterephthalat, PET), das aus Erdöl hergestellt wird. Obwohl erste patentierte Polyesterfasern bereits 1928/1941 in Großbritannien entwickelt wurden, begann der Siegeszug von Polyester in Alltagskleidung erst nach dem Zweiten Weltkrieg. 1951 präsentierte DuPont in den USA seine Polyesterfaser „Dacron“ der Öffentlichkeit – mit dem Versprechen, Stoffe zu liefern, die knitterfrei und pflegeleicht sind, selbst nach wochenlangem Tragen. Dieses Versprechen traf den Nerv der Zeit: In den 1950er und 60er Jahren eroberte Polyester die Modewelt im Sturm. Besonders im Rahmen der damaligen „Wash-and-Wear“-Bewegung galt Polyester als Wunderfaser für bügelfreie Hemden und Blusen.

Einen Dämpfer erhielt die Polyesterbegeisterung in den 1970er-Jahren: Doppelt gewebte Polyesterstoffe („Double-Knit“) gerieten in Verruf, unbequem und „billig“ auszusehen. Die Verkäufe gingen zunächst zurück. Doch in den 1980er-Jahren erfuhr Polyester ein Revival – Designer wie Calvin Klein integrierten veredelte Polyester-Mischgewebe in ihre Kollektionen. Gleichzeitig ermöglichten neue Technologien die Produktion feinerer Mikrofasern und Funktionstextilien (Fleece aus recycelten PET-Flaschen, Outdoor-Bekleidung), wodurch Polyester wieder an Ansehen gewann. Im Fast-Fashion-Zeitalter ab den 2000ern wurde Polyester schließlich omnipräsent: Seine niedrigen Produktionskosten ermöglichten preisgünstige Massenmode. Fast-Fashion-Anbieter nutzten Polyester, um Trends blitzschnell und billig auf den Markt zu bringen, was den Konsum weiter ankurbelte.

Die Polyesterproduktion stieg in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts exponentiell an. Polyester lag in den 1980ern noch hinter Baumwolle, überholte diese aber um die Jahrtausendwende und dominiert seither den Fasermarkt . Bereits 2002 überstieg die Nachfrage nach Polyesterfasern die nach Baumwolle. Im Jahr 1980 wurden weltweit rund 5,2 Millionen Tonnen Polyesterfasern für Textilien nachgefragt; bis 2000 stieg die Menge auf 19,2 Mio. Tonnen und bis 2014 weiter auf 46,1 Mio. Tonnen. Neuere Schätzungen zeigen den anhaltenden Trend: 2018 wurden etwa 55 Mio. Tonnen Polyester produziert (rund 52 % der Weltfaserproduktion); im Jahr 2023 waren es über 71 Mio. Tonnen Polyesterfasern. Damit stammt heute mehr als jede zweite Faser in Textilien aus Polyester. Zum Vergleich: 1975 lag die Polyesterproduktion erst bei ca. 3,4 Mio. Tonnen/Jahr – innerhalb von weniger als 50 Jahren hat sich die Menge also um ein Vielfaches vergrößert.

Paralleler Anstieg hormoneller Störungen

Parallel zum Siegeszug der Kunststoffe und Polyestertextilien beobachten wir Mediziner und Epidemiologen folgende Veränderungen: hormonelle Störungen bei Frauen scheinen seit Mitte des 20. Jahrhunderts zuzunehmen. Dabei handelt es sich um komplexe Krankheitsbilder, deren Ursachen vielfältig sind – von genetischer Veranlagung über Lebensstilfaktoren bis hin zu Umweltbedingungen. Eine wachsende Zahl von Studien deutet darauf hin, dass Umwelteinflüsse und chemische Substanzen eine wichtige Rolle spielen. Zu diesen Substanzen gehören die sogenannten endokrinen Disruptoren (EDCs, endocrine disrupting chemicals) – also Stoffe, die die Funktion unseres Hormonsystems stören können.

Das Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine der häufigsten hormonellen Störungen bei Frauen im reproduktiven Alter (geschätzt 6–12 % Betroffene) und geht mit unregelmäßigen Zyklen, erhöhten Androgenspiegeln und oft unerfülltem Kinderwunsch einher. In den letzten Jahrzehnten ist die Aufmerksamkeit für PCOS gestiegen, und es gibt Hinweise, dass Umweltfaktoren zur Entstehung beitragen könnten. Beispielsweise wurden bei Frauen mit PCOS höhere Konzentrationen an Bisphenol A (BPA) – einem Kunststoff-Zusatzstoff – im Blut gemessen als bei gesunden Frauen. BPA wirkt östrogenähnlich im Körper. Es wird vermutet, dass eine chronische BPA-Exposition zur hormonellen Dysbalance beitragen kann, indem es z.B. die Androgenproduktion in den Ovarien beeinflusst. Eine Zusammenfassung der Endocrine Society nennt BPA explizit als mit PCOS assoziiert. Auch Phthalate (Weichmacher in Plastik) stehen im Verdacht, die Entwicklung von PCOS zu begünstigen. Epidemiologische Daten zeigen zudem, dass PCOS-Diagnosen vermehrt gestellt werden – teils mag dies an besserer Awareness liegen, doch einige Experten vermuten einen tatsächlichen Anstieg der Fälle seit den 1990ern (z.B. steigende Inzidenz bei jüngeren Frauen laut Global Burden of Disease Study).

Bei der Endometriose wächst Gebärmutterschleimhaut-artiges Gewebe außerhalb der Gebärmutter. Sie betrifft schätzungsweise 5–10 % der Frauen und kann zu massiven Periodenschmerzen und Unfruchtbarkeit führen. Die genauen Ursachen sind ungeklärt, aber auch hier werden Umweltgifte diskutiert. Mehrere Studien legen einen Zusammenhang zwischen Phthalat-Belastung und Endometriose-Risiko nahe. So fand man bei Frauen mit Endometriose häufig höhere Phthalat-Werte (oder deren Abbauprodukte) im Urin als bei Kontrollpersonen. Phthalate können als “falsche Hormone” wirken, indem sie Hormonrezeptoren blockieren oder aktivieren und Entzündungsprozesse fördern. Tierexperimente unterstützen diese Sorge: Mäuse, die bestimmten Phthalaten ausgesetzt wurden, entwickelten vermehrt Endometriose-ähnliche Läsionen. Die Zunahme der Endometriose-Diagnosen (auch aufgrund besserer Diagnostik) fällt zeitlich mit der stärkeren Verbreitung von Kunststoffen zusammen. Während in den 1960er-Jahren Endometriose selten erkannt wurde, ist es heute eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen – was die Forschung zu Umweltursachen (Gott sei Dank) intensiviert hat.

Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse (v.a. Hashimoto-Thyreoiditis) und Schilddrüsenfunktions-störungen (Hypo- oder Hyperthyreose) sind bei Frauen ebenfalls weit verbreitet und scheinen häufiger vorzukommen als früher. Ein möglicher Einflussfaktor sind chemische Stoffe, die die Jodaufnahme oder Hormonproduktion der Schilddrüse beeinflussen. Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS), die in vielen Kunstfasertextilien (Outdoorbekleidung, wasserabweisende Sportkleidung) als Beschichtung eingesetzt wurden, gelten als solche endokrinen Disruptoren. Die Endocrine Society warnt, PFAS könnten die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen. Auch Phthalate und BPA wurden im Zusammenhang mit Schilddrüsenhormon-Veränderungen untersucht. Beispielsweise zeigte eine Studie, dass höhere Phthalat-Werte mit leicht erniedrigten Schilddrüsenhormonspiegeln einhergingen, was auf eine thyreotoxische Wirkung hindeuten könnte. Insgesamt steht die Forschung hier noch am Anfang, doch die Zeitspanne ab den 1950er Jahren – in der Plastikprodukte unser Leben durchdrungen haben – korreliert mit einer Zunahme diverser endokriner Erkrankungen. Diese Korrelation allein beweist zwar keine Kausalität, ist aber Grund genug, mögliche Verbindungen genauer zu untersuchen.

Neben klinischen Diagnosen wie PCOS oder Endometriose beobachten wir Ärzte auch Trends wie das Absinken der männlichen Fruchtbarkeit weltweit. Studien berichten, dass die durchschnittliche Spermienzahl in vielen Ländern über die letzten Jahrzehnte zurückgegangen ist. Zwar spielen hierbei viele Faktoren (Rauchen, Ernährung, Stress) eine Rolle, aber Umweltchemikalien aus Plastik (u.a. Mikroplastik und dessen Additive) rücken in den Fokus. In einer Übersichtsarbeit wurde niedrige männliche Fertilität als eines der Probleme genannt, mit denen Mikroplastik im Körper assoziiert ist. Auch das Absinken des durchschnittlichen männlichen Testosteronspiegels und zunehmende Hormonstörungen bei Kindern (z.B. frühere Pubertät bei Mädchen) werden mit steigender EDC-Belastung verknüpft.

Zusammenfassend lässt sich festhalten: Seit der großflächigen Verbreitung von Kunststoffen (inkl. Polyester) ab der Mitte des 20. Jahrhunderts steigen bestimmte hormonelle Gesundheitsprobleme. Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang, da viele Kunststoffe im Alltag Moleküle freisetzen, die hormonell wirksam sind. Frauen mit hoher Plastik-Exposition (z.B. durch häufige Nutzung von Plastikbehältern und evtl. Kunststofftextilien) weisen tendenziell öfter hormonelle Auffälligkeiten auf. Natürlich sind dies statistische Zusammenhänge – individuelle Krankheitsentstehung ist komplex. Doch sie liefern den Hintergrund, vor dem wir nun Polyesterkleidung als möglichen Baustein dieser Umweltbelastung betrachten.

Polyesterkleidung: Wo am Körper drohen Risiken?

Ist Polyester per se gesundheitsschädlich? – Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Entscheidend ist wie und wo Polyester in Kontakt mit dem Körper kommt. Polyestertextilien unterscheiden sich in Trageweise (locker vs. eng), Dauer des Hautkontakts und Empfindlichkeit der jeweiligen Körperzone. Hier eine Analyse wichtiger „Risikozonen“ am Körper und warum Polyester dort problematisch sein könnte:

1. Intimbereich (Unterwäsche und Leggings): Der Genital- und Leistenbereich ist wohl die wichtigste Zone. Enge Unterhosen, Slips oder Sport-Leggings aus Polyester liegen direkt auf Hoden bzw. der Vulva/Ovarien-Region auf. Dadurch entstehen mehrere potenzielle Effekte: Erstens kann Wärme schlechter abgeleitet werden als bei atmungsaktiver Baumwolle. Eine erhöhte lokale Temperatur im Hodensack ist bekanntlich schlecht für die Spermienproduktion. Allerdings haben Forscher in Tierstudien darauf geachtet, Polyesterhosen nicht zu eng zu machen, um reine Temperatureffekte auszuschließen. Im Hundemodell zeigten Polyester-Unterhosen keinen signifikanten Anstieg der Hodentemperatur, dennoch kam es zu einer Verschlechterung der Spermiogramme. Dies deutet darauf hin, dass weitere Faktoren im Intimbereich eine Rolle spielen müssen.

Ein solcher Faktor ist die Reibung und elektrostatische Aufladung. Polyester ist ein isolierendes Material, das beim Reiben an Haut oder anderen Textilien elektrische Ladungen aufbauen kann. Jeder kennt bestimmt das Gefühl, wenn synthetische Kleidung aus dem Trockner „funkt“ oder am Körper klebt – das ist die statische Elektrizität. Im Falle von Polyester-Unterwäsche an den Genitalien wurde gemessen, dass sich am Hodensack eine messbare elektrische Spannung aufbaut. In einer Untersuchung trugen Männer jeweils für kurze Zeit Unterhosen aus 100 % Baumwolle, 50:50 Mischgewebe und 100 % Polyester; Ergebnis: Polyester erzeugte die höchste elektrostatische Oberflächenspannung auf der Haut, gefolgt von der Mischfaser (halbe Werte), während Baumwolle keine Aufladung erzeugte. Diese elektrische Spannung kann ein statisches elektrisches Feld im Skrotum erzeugen, das die Funktion der Hoden stört. Konkret vermutet man, dass ein starkes Feld entweder die feine Temperaturregulation (Thermoregulation) in den Hoden beeinträchtigt oder direkt Zellfunktionen in den Keimdrüsen beeinflusst. So wurde bei Männern mit dem Polyester-Hodensling eine geringere Temperaturdifferenz zwischen Rektum und Hoden festgestellt – Hinweis auf gestörte Kühlung. All dies spielt sich im Intimbereich ab, wo Polyester direkten Einfluss auf die Fortpflanzungsorgane nehmen kann.

Zweitens ist der Intimbereich sowohl bei Männern als auch Frauen empfindlich für Hautprobleme. Polyester ist nicht hygroskopisch (es nimmt kaum Feuchtigkeit auf). In Unterwäsche bedeutet das: Schweiß bleibt auf der Haut, ein feucht-warmes Milieu entsteht. Bei Frauen könnte dies das Risiko für Vaginalmykosen oder Hautirritationen erhöhen, bei Männern zu Intertrigo (Wundreiben) im Leistenbereich. Zwar sind dies eher oberflächliche Effekte, aber chronische Hautentzündungen könnten indirekt ebenfalls Stress auf die lokalen Funktionen ausüben. In Summe gilt: Polyester-Unterwäsche wird von Experten als potenziell kritisch angesehen, insbesondere für Paare mit Kinderwunsch. Urologen raten Männern standardmäßig zu luftiger Baumwollunterwäsche (und weiter geschnittenen Shorts statt engen synthetischen Slips), um optimale Bedingungen für die Spermienproduktion zu gewährleisten. Und diese Empfehlung richten wir auch an alle Frauen!

2. Bauch- und Taillenregion (z.B. Shapewear, enge Sporttops): Dieser Bereich umfasst den Unterbauch – bei Frauen die Region über den Eierstöcken. Enge Sporthosen (High-Waist-Leggings) oder formende Wäsche aus Polyester üben mechanischen Druck aus und liegen eng an. Könnte dies die Ovarialfunktion beeinflussen? Hier gibt es weniger direkte Forschung als bei Männern. Jedoch ist aus der Hündinnen-Studie von Shafik interessant: Dort trugen die Tiere Polyester-„Höschen“ über ein Jahr, was offenbar genügte, um Eisprung und Fruchtbarkeit zu unterdrücken. Die Hündinnen hatten im Polyester deutlich niedrigere Progesteronwerte in der Läufigkeit (was auf fehlende Ovulation hinweist) und wurden nicht trächtig, während die Kontrolltiere normale Zyklen hatten. Dies geschah ohne Zuführung irgendwelcher Chemikalien – es muss also der Stoff selbst (bzw. dessen physikalische Eigenschaften) gewesen sein. Die Autoren schreiben explizit, dass das elektrostatische Feld durch Polyester auf der Haut vermutlich die Eierstockfunktion gehemmt hat. Übertragen auf den Menschen: Enge Polyesterkleidung am Unterbauch könnte – sofern genügend statische Aufladung entsteht – theoretisch ebenfalls subtile Effekte auf die darunterliegenden Eierstöcke haben. Wir bewegen uns hier allerdings im Bereich einer Hypothese. Es gibt (noch) keine Humanstudie, die direkt die Ovulationsrate von Frauen in Polyester-Yoga-Pants gemessen hätte. Dennoch erscheint es ratsam, speziell bei Frauen mit Kinderwunsch oder hormonellen Problemen, eher auf naturfaserbasierte Kleidung am Unterleib zu setzen, um jegliche potenzielle Störfaktoren zu minimieren.

3. Brust und Achselbereich: Sport-BHs, Polyester-Unterhemden oder enge T-Shirts liegen an der Brust und unter den Achseln an. Hier stehen weniger die Fortpflanzungsorgane im Fokus, sondern die Haut und Schweißdrüsen. Polyester ist im Vergleich zu Baumwolle weniger hautfreundlich für Personen, die zu Schwitzen neigen, da es Feuchtigkeit nicht gut absorbiert. Unter den Achseln kann Polyester so stärker zu Geruchsbildung beitragen (weil Bakterien im Schweiß auf der Haut verbleiben). Aus hormoneller Sicht sind Achsel- und Brustregion nicht primär relevant, abgesehen von der Diskussion um chemische Belastungen: Einige Sportshirts werden mit antibakteriellen Ausrüstungen (z.B. Silberionen oder Bioziden) versehen, oder enthalten PFAS-Imprägnierungen für wasserabweisende Eigenschaften. Diese Chemikalien könnten über die Haut aufgenommen werden. Insbesondere PFAS („Forever Chemicals“) wurden in manchen Sportleggings und BHs nachgewiesen . PFAS stehen im Verdacht, das Hormonsystem (Schilddrüse, Fortpflanzung) zu stören und wirken teils als Persistente organische Schadstoffe. Hier geht es allerdings weniger um Polyester an sich, sondern um Zusatzstoffe in bestimmten Polyester-Textilien. Für den Verbraucher ist das schwer zu durchschauen – es sei denn, Marken werben aktiv mit „PFAS-frei“.

4. Füße (Socken) und Extremitäten: Polyester-Socken oder Strumpfhosen sind weit verbreitet. An den Füßen kann Polyester ebenfalls zu vermehrtem Schwitzen führen, da es weniger atmungsaktiv ist. Folge können Fußgeruch oder Hautpilze sein. Ein direkter Einfluss auf die Fertilität ist hier nicht gegeben. Allerdings lohnt ein Blick auf Kompressionsbekleidung (z.B. Kompressionsstrümpfe oder -leggings, die oft aus Nylon/Polyamid oder Polyester-Elastan-Gemischen bestehen): Diese sitzen sehr eng und werden lange getragen – etwa von Schwangeren oder Sportlern zur Regeneration. Sie können aufgrund der Enge ebenfalls Reibungselektrizität erzeugen. Ob z.B. das Tragen von stützenden Polyester-Strumpfhosen in der Schwangerschaft Mikroströme im Körper induziert, ist nicht untersucht. Generell gilt: Arme und Beine sind weniger empfindlich gegenüber hormonellen Wirkungen, haben aber eine große Hautoberfläche. Lange Polyesterbekleidung (Jogginganzüge, Schlafanzüge, Bettwäsche) bedeckt viel Haut, wodurch theoretisch mehr Mikrofasern abrieb und vom Körper aufgenommen werden könnten.

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Activewear ist heute All-Day-Wear

Ein Blick in Kleiderschränke und auf Modetrends zeigt, dass Polyester insbesondere in der Freizeit- und Sportmode allgegenwärtig ist. Der sogenannte Activewear-Trend (auch Athleisure genannt) hat dazu geführt, dass funktionale Sportkleidung inzwischen täglich im Alltag getragen wird – nicht nur im Fitnessstudio. Yoga-Leggings, Jogginghosen, Funktionsshirts und Kapuzenpullis aus synthetischen Materialien sind bei Frauen (und Männern) zu einer Art Uniform der Bequemlichkeit geworden. Diese Kleidungsstücke bestehen häufig zu einem hohen Anteil aus Polyester (oft in Mischung mit Elastan für Dehnbarkeit).

Insgesamt werden 54 % aller weltweit produzierten Fasern von Polyester gestellt. Für Verbraucher bedeutet das: Mehr als die Hälfte der Kleidung im Handel enthält Polyester. Besonders bei Sport- und Freizeitkleidung ist der Anteil hoch, da Eigenschaften wie Feuchtigkeitstransport (Moisture-Wicking) und Schnelltrocknung gefragt sind – Eigenschaften, die Polyester durch spezielle Webarten bieten kann. Interessant ist aber, dass Umfragen zeigen: Viele Verbraucher bevorzugen eigentlich Baumwolle auf der Haut (in einer Umfrage nannten 76 % Baumwolle als Lieblingsmaterial vs. nur 3 % Polyester). Dennoch wird Polyester so häufig gekauft, weil es in der Kleidung schlicht enthalten ist und weil Modekonzerne damit kostengünstig produzieren können.

Früher zog man nach dem Sport das Funktionsshirt aus und duschte – heute bleibt das Gym-Outfit oft gleich an, man geht damit einkaufen oder auf die Couch. Diese verlängerte Tragedauer von Polyester auf der Haut könnte die Exposition erhöhen. Wo früher ein Baumwoll-T-Shirt oder eine Jeans getragen wurde, tragen viele nun ganztägig Leggings und Sporttops. Untersuchungen zur Tragedauer gibt es kaum, aber man kann plausibilisieren: Eine Frau, die 8–10 Stunden täglich Polyester-Activewear trägt, hat eine viel längere Hautkontaktzeit als jemand, der nur 1 Stunde im Fitnessstudio schwitzt und dann duscht. Somit steigen potenziell sowohl die mechanische Reibung (mehr Gelegenheit zur statischen Aufladung) als auch die Menge an Mikrofasern, die sich lösen (durch Bewegung, Scheuern der Kleidung über den Tag).

Ein zusätzlicher Faktor: Intensiver Körperkontakt. Activewear sitzt oft sehr eng – z.B. „Compression Tights“, Sport-BHs – was durchaus gewollt ist, um Muskelvibrationen zu reduzieren oder eine figurbetonte Optik zu erzielen. Aber enge Passform verstärkt die oben beschriebenen Risiken (Wärme, Reibung). Pilates- und Yogabekleidung ist ein typisches Beispiel: Sie ist elastisch, enganliegend und fast immer aus Polyestermischungen. Dass diese Kleidungstücke jetzt nicht nur im Kurs, sondern auch im Büro oder Café getragen werden, führt zu einer Dauerbelastung, die es so früher nicht gab.

Neben der direkten Wirkung auf den Körper des Trägers, muss man Polyesterkleidung als Quelle von Mikroplastik sehen, die Auswirkungen auf alle hat. Bei jeder Wäsche eines synthetischen Kleidungsstücks lösen sich unzählige kleinste Fasern. Eine oft zitierte Studie zeigte, dass ein einziges Kleidungsstück aus Fleece pro Waschgang mehr als 1900 Mikrofasern freisetzen kann. Neuere Messungen gehen sogar von zigtausenden Fasern pro Waschladung aus, je nach Textil und Waschparameter. Diese Mikrofasern gelangen ins Abwasser und von dort, trotz Kläranlagen, teilweise in Flüsse und Meere. Dort werden sie von Organismen aufgenommen oder reichern sich im Nahrungskreislauf an. Letztlich kommen sie über Meeressalz, Fisch oder sogar über die Luft wieder zu uns zurück. Mikroplastik wurde in nahezu allen Umweltproben nachgewiesen – von Tiefseewasser bis zum arktischen Eis.

Was bedeutet das für jemanden, der Polyesterkleidung trägt? – Zwei Dinge: Erstens trägt man zur Umweltbelastung und einem Rückkopplungseffekt bei: Mikroplastik aus unserer Kleidung kehrt potenziell über die Nahrung in unsere Körper zurück. Zweitens atmet oder verschluckt man Mikrofasern direkt. Untersuchungen in Innenräumen zeigen, dass ein erheblicher Teil des Hausstaubs aus synthetischen Fasern besteht (von Teppichen, Möbeln, Kleidung). Wer also z.B. abends auf dem Sofa sitzt und kräftig in eine ausgeleierte Polyester-Decke kuschelt, könnte Fasern einatmen. Diese Partikel im Mikrometer- bis Millimeterbereich werden teilweise vom Körper abgefangen (Schleimhäute, Flimmerhärchen in der Lunge), aber sehr kleine Partikel können bis in die Lungenbläschen oder sogar ins Blut gelangen. In einer Studie aus 2022 wurden bei fast 80 % der untersuchten Menschen Mikroplastik-Partikel im Blut gefunden. Auch in Muttermilch und Plazentagewebe wurden Kunststoffpartikel nachgewiesen. Forscher der Universität New Mexico fanden 2023 in allenvon ihnen getesteten menschlichen Plazenten Mikroplastik, teils in Konzentrationen von mehreren hundert µg pro Gramm Gewebe. Selbst in Gewebeproben von Hoden (bei Patienten mit Hodenerkrankungen) wurden schon Kunststoff-Mikropartikel identifiziert.

Diese Funde bedeuten nicht automatisch akute Schäden – aber sie zeigen, dass Mikroplastik unseren Körper nicht mehr fremd ist. Wir tragen gewissermaßen die Konsequenzen unseres Plastikverbrauchs in uns. Im Alltag einer einzelnen Person mag das abstrakt klingen – doch es wird konkret, wenn jemand z.B. über Kinderwunsch nachdenkt. Denn die oben genannten Funde in Plazenta und Muttermilch bedeuten, dass schon ungeborene und neugeborene Kinder mit Mikroplastik in Kontakt kommen. Forscher warnen, dies könne die embryonale Entwicklung beeinträchtigen, falls die Partikel Entzündungsreaktionen auslösen oder toxische Substanzen transportieren.

Wie Polyester die Fortpflanzung beeinflussen könnte

Um zu verstehen, warum Polyester potenziell unfruchtbar machen kann, müssen wir zwei Schienen betrachten:

  1. Chemische Mechanismen: Was geht chemisch vom Polyester aus? Dazu zählen Mikroplastik-Partikel, die in den Körper gelangen, und chemische Zusätze im Polyester (z.B. Weichmacher, Farbstoffe, Flammschutzmittel), die ausdünsten oder ausgewaschen werden und hormonell wirksam sein könnten. Diese Mechanismen wirken systemisch – d.h. sie können den ganzen Körper betreffen, z.B. durch Aufnahme über Verdauungstrakt oder Atmung.

  2. Physikalische Mechanismen: Was macht Polyester im unmittelbaren Kontakt mit dem Körper physikalisch? Hierunter fallen die elektrostatische Aufladung und die thermischen Effekte, die wir bereits angesprochen haben. Diese wirken eher lokal – also dort, wo das Polyester getragen wird, z.B. am Hoden direkt.

Schauen wir uns beide Kategorien näher an.

Chemische Faktoren: Mikroplastik und Zusatzstoffe als endokrine Disruptoren

Kunststoffe wie Polyester bestehen aus langen Polymerketten. Wenn sie als Fasern ins Gewebe oder in Organe gelangen, erkennt der Körper sie nicht als Nährstoff – es sind Fremdkörper. Tierstudien haben gezeigt, dass Mikroplastik im Gewebe Entzündungen und Zellschäden verursachen kann. Eine chronische Entzündung in empfindlichen Organen (z.B. der Gebärmutterschleimhaut oder Hoden) könnte deren Funktion dadurch beeinträchtigen. Zudem könnte Mikroplastik als eine Art „Magnet“ für andere Schadstoffe wirken: Umweltgifte wie Pestizide oder industrielle Chemikalien können sich an Plastikpartikel anlagern. Gelangen solche beladenen Partikel in den Körper, geben sie dort die Schadstoffe wieder ab – quasi als Trojanisches Pferd. Damit kann Mikroplastik indirekt die Exposition gegenüber anderen Giftstoffen erhöhen.

Mikroplastik selbst ist inert (es hat keine hormonähnliche Struktur), aber es kann Additive enthalten, die sehr wohl hormonell aktiv sind. Bei Polyester sind das z.B. Antimon (ein Katalysator, der in Spuren im Faden bleiben kann) und eventuell Reste von Monomeren (Terephthalsäure, Ethylenglykol) oder Stabilisatoren. Die genauen Gesundheitswirkungen dieser Rückstände sind noch wenig erforscht. Wahrscheinlicher ist, dass Begleitchemikalien problematisch sind: Weichmacher, die aus anderen Kunststoffen stammen, oder BPA, das aus Polycarbonat-Kunststoffen bekannt ist, sind in der Umwelt allgegenwärtig und finden sich letztlich auch auf Mikroplastikfasern.

Wenn diese in unseren Körper gelangen, können sie z.B. an Östrogen- oder Androgenrezeptoren andocken und so die natürlichen Hormone aus dem Takt bringen. So wurde BPA nachgewiesen, dass es am Ovar die Eizellreifung stören kann, indem es die Wirkung von Östrogen verfälscht. Phthalate wiederum wurden in Verbindung gebracht mit Frühgeburten und Fehlgeburten – Frauen mit höherer Phthalatbelastung hatten häufiger erste Trimester-Verluste. Es ist denkbar, dass ein Teil dieser Exposition aus Textilien stammt: Phthalate werden z.B. in einigen Aufdrucken auf T-Shirts oder in Gummizügen verwendet.

Neben den Polymerfasern selbst enthalten Textilien zahlreiche chemische Ausrüstungen: Farbstoffe, Fixiermittel, antimikrobielle Ausrüstung (gegen Geruch), Anti-Statik-Mittel, Weichmacher (für Beschichtungen) etc. Einige davon sind potentielle EDCs. Ein prominentes Beispiel sind PFAS (per- und polyfluorierte Chemikalien), die wasserabweisende Eigenschaften verleihen. Untersuchungen populärer Sportkleidungsmarken fanden in etwa 25 % der getesteten Leggings und Yoga-Hosen Fluor-Spuren als Hinweis auf PFAS. PFAS werden mit Schilddrüsenproblemen, Immunstörungen und Fruchtbarkeitsproblemen in Verbindung gebracht und sind extrem persistent (kaum abbaubar). Sie dringen aus Textilien vor allem bei längerem Gebrauch oder unsachgemäßem Waschen in die Umwelt – oder direkt durch Hautkontakt. Ähnlich verhält es sich mit antibakteriellen Beschichtungen (Silber-Nanopartikel oder Triclosan) – letztere sind zwar in Sportkleidung weniger verbreitet als in Schuhen oder Socken, aber wo sie vorkommen, könnten sie die Hautflora beeinflussen oder systemisch aufgenommen werden.

Angesichts dieser chemischen Vielfalt gilt: Polyester-Kleidung ist nicht nur „Plastikstoff“, sondern ein Cocktail verschiedener Substanzen, von denen manche hormonell wirksam sein könnten. Insbesondere EDCs wie BPA und Phthalate sind in der allgemeinen Plastikdiskussion zentral – sie kommen zwar nicht im Polyester selbst vor, aber Polyesterprodukte sind Teil der Plastikumwelt, die diese Stoffe verbreitet. So fand man z.B. in Hausstaub fast immer auch Phthalat-Spuren, die sowohl aus Vinylböden, Kabeln als auch möglicherweise aus Textilien stammen. Dieser Staub wird eingeatmet oder verschluckt und trägt zur persönlichen Belastung bei.

Wir empfehlen deshalb, im Alltag Plastik zu reduzieren, wo es geht, um die Summe der Einflüsse zu senken. Dazu gehört explizit auch, bei Kleidung auf Naturfasern umzusteigen. Denn je weniger synthetische Fasern wir waschen und tragen, desto weniger Mikroplastik und chemische Additive gelangen in unseren Haushalt und Körper.

Physikalische Faktoren: Elektrostatische Felder und Wärme

Neben dem chemischen Aspekt hat Polyester – als Material – einzigartige physikalische Eigenschaften, die natürliche Fasern so nicht aufweisen. Dies betrifft vor allem die Elektrik und Wärmeisolierung:

Wie bereits beschrieben, erzeugt die Reibung von Polyester auf Haut eine elektrostatische Aufladung. Aber warum ist das relevant für die Fruchtbarkeit? – In den 1990er Jahren war Dr. Ahmed Shafik (ein ägyptischer Mediziner) einer der ersten, der dieser Frage nachging. Er formulierte die Hypothese, dass ein elektrostatisches Feld in Hoden-Nähe die Spermatogenese beeinträchtigt. Um das zu testen, maß er zunächst die Oberflächenladung: Menschen, die Polyesterunterwäsche trugen, hatten bis zu mehrere Tausend Volt Oberflächenspannung am Hodensack, gegenüber nahezu 0 bei Baumwolle. Dann führte er ein bemerkenswertes Experiment durch: 14 gesunde Männer trugen ein Jahr lang Tag und Nacht eine spezielle Polyester-Hodenschlinge (ein Streifen Polyesterstoff, der den Hodensack umhüllte). Das Resultat: Nach durchschnittlich ~20 Wochen (ca. 140 Tagen) entwickelten alle Männer eine Azoospermie, d.h. ihr Ejakulat enthielt keine Spermien mehr. Gleichzeitig nahm das Hodenvolumen ab und im Hodenbiopsat zeigten sich degenerative Veränderungen der Samenkanälchen. Die Männer und ihre Partnerinnen nutzten keine weiteren Verhütungsmethoden – tatsächlich wurde keine Frau schwanger, was die kontrazeptive Wirksamkeit belegte. Nach Abnahme der Polyester-Schlinge erholte sich die Spermatogenese: Etwa 5–6 Monate später waren die Spermienzahlen wieder normal und alle Paare, die es wünschten, konnten im Anschluss Kinder zeugen. Dieses Ergebnis publizierte Shafik 1992 und zeigte darin auf, dass Polyester theoretisch als nicht-hormonelles Verhütungsmittel für den Mann dienen könnte – freilich mit dem Nachteil, dass man ein Jahr lang permanent ein Polyesterband tragen musste, was nicht praktikabel ist.

Wichtig für uns ist die Mechanismus-Frage: Warum wurden die Männer azoospermisch? Shafik untersuchte die Hodenfunktion während des Tragens genauer: Er fand keine großen Veränderungen der Sexualhormon-Spiegel (Testosteron, FSH, LH blieben im Normbereich). Die Körperkerntemperatur stieg ebenfalls nicht signifikant. Aber er stellte fest, dass die Spannungspotentiale auf der Hautoberfläche tagsüber hoch waren (durch Bewegung mehr Reibung) und dass offenbar die Hodenwärmeregulation gestört war. Normalerweise ist der Hodensack etwas kühler als der restliche Körper (weshalb die Hoden außen liegen). Bei den Polyesterträgern war dieser Temperaturgradient reduziert. Shafik folgerte, dass die elektrostatischen Ladungen ein Feld erzeugten, das tief in den Hodensack einwirkt und dort die feine Balance von Wärmeabgabe und Stoffwechsel stört. Im Prinzip könnte man sagen: Die Hoden wurden durch das elektrische Feld „geärgert“, so dass die Spermatogenese entgleiste. Als man das Feld wegnahm (Polyester entfernt), beruhigte sich das System und normalisierte sich.

Parallel bestätigte Shafik mit dem zuvor erwähnten Hundemodell diese Effekte unter weniger extremen Bedingungen: Hunde mit lose sitzenden Polyesterhosen (also ohne Überhitzung durch Enge) hatten nach 24 Monaten ebenfalls signifikant schlechtere Spermiogramme, während Baumwoll-tragende Hunde normal blieben. Auch hier wurde wieder vermutet, dass die elektrostatischen Potentiale die Ursache waren, da man Temperatur- und Hormonänderungen ausschließen konnte.

Und schließlich der schon diskutierte Versuch mit Hündinnen: Polyester in der Unterbauchregion führte zu Zyklusveränderungen und Unfruchtbarkeit. Wieder spielte offenbar ein statisches Feld eine Rolle, das nach Meinung der Autoren die ovariellen Prozesse störte.

All diese Befunde stützen die Hypothese, dass Polyesterkleidung durch elektrostatische Felder die Keimdrüsenfunktion beeinträchtigen kann. Es sei aber betont: Diese Effekte traten in Versuchen auf, wo Polyester ständig oder über lange Zeiträume getragen wurde (Monate, Jahre). Im Alltag trägt kaum jemand Tag und Nacht dieselbe Unterhose. Dennoch könnten sich kumulative Effekte einstellen: Wer jeden Tag Polyester-Sportunterwäsche trägt, schafft wiederholt Stundenphasen mit solch einem Feld. Es wäre durchaus denkbar, dass dies über Jahre zu einer reduzierten Fruchtbarkeit beiträgt – insbesondere wenn noch andere Faktoren (Hitze, enge Hosen, chemische Belastungen) hinzukommen.

Wärme und Schweiß: Nicht zu vergessen ist der banale Effekt, dass Polyester weniger atmet. Für Hoden ist das suboptimal; für Frauen kann starke Hitze/Schweiß im Beckenbereich z.B. zu vermehrten Infektionen führen (die wiederum Entzündungen und evtl. Verklebungen in Eileitern begünstigen könnten, was Fertilität mindert). Allerdings ist dies mehr ein indirekter gesundheitlicher Aspekt und nicht spezifisch hormonell.

Zusammenspiel beider Faktoren

In Realität wirken chemische und physikalische Mechanismen wahrscheinlich zusammen. Ein praktisches Beispiel: Jemand trägt täglich Polyester-Unterwäsche ➔ es kommt lokal zur elektrostatischen Aufladung (physikalisch) und das ständige Scheuern setzt Mikrofasern frei, die evtl. durch die Hautbarriere dringen oder in den Haushalt gelangen (chemisch). Gleichzeitig könnte die Person beim Waschen dieser Unterwäsche Weichspüler oder Duftstoffe nutzen, die sich im Stoff anreichern (weitere Chemikalien, die auf der Haut wirken). So entsteht ein Multifaktoren-Mix, der das hormonelle Gleichgewicht stören könnte.

Zu betonen ist: Nicht jeder, der Polyester trägt, wird unfruchtbar. Es handelt sich um Risikofaktoren, die vermutlich erst in Kombination mit anderen Belastungen (Ernährung, Stress, genetische Prädisposition) zum Tragen kommen. Dennoch liefern die dargelegten Studien genügend Hinweise, um Polyester als potenziellen Mitverursacher von Fertilitätsproblemen ernst zu nehmen. Im nächsten Abschnitt beschäftigen wir uns daher mit pragmatischen Schutzmaßnahmen, die man ergreifen kann, um die Polyester-Exposition und ihre möglichen Folgen zu reduzieren.

Wie kannst du dich vor Polyester schützen?

Angesichts der möglichen Risiken ist es sinnvoll, einige vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen – insbesondere für Personen mit Kinderwunsch, mit bestehenden hormonellen Störungen oder einfach für gesundheitsbewusste Menschen. Viele dieser Tipps haben zusätzlich positive Effekte für Umwelt und Allgemeingesundheit.

  1. Bewusster Kleiderkauf: Polyester(anteil) reduzieren

Der naheliegendste Schritt: Weniger Polyester tragen, vor allem an kritischen Stellen. Das bedeutet nicht, dass man sämtliche Sportkleidung wegwerfen muss. Aber man kann gezielt Alternativen nutzen:

  • Unterwäsche: Hier lohnt es sich besonders, auf Baumwolle oder andere Naturfasern (z.B. Bambus-Viskose, Hanf) umzusteigen. Atmungsaktive Baumwollslips reduzieren Wärmestau und tragen keine elektrostatische Ladung – sie gelten als „fruchtbarkeitsfreundlich“. Für Männer mit Kinderwunsch wird oft empfohlen, Baumwoll-Boxershorts statt Polyester-Slips zu tragen. Frauen können bei täglicher Unterwäsche ebenfalls auf Baumwolle setzen; für Sport-BHs gibt es mittlerweile auch Modelle mit hohem Naturfaseranteil.

  • Freizeitkleidung: Im Alltag kann man versuchen, Mischgewebe mit geringerer Polyesterquote zu wählen. 50/50 Polycotton hat z.B. laut Studie deutlich weniger Aufladung verursacht als 100 % Polyester. Schon das Beimischen von Baumwolle halbiert den elektrostatischen Effekt.

  • Kinderkleidung: Besonders Babys und Kleinkinder sollten möglichst wenig Polyester auf der Haut haben, da ihr Körper empfindlicher auf Schadstoffe reagiert. Strampler, Bettwäsche und Co. gibt es auch aus reiner Baumwolle.

  • Siegel und Materialinfos: Achte auf Kennzeichnungen. Kleidung mit dem Oeko-Tex 100 Siegel wurde auf Schadstoffe geprüft – das garantiert zwar nicht Mikroplastikfreiheit, aber zumindest geringe Restchemikalien. GOTS-zertifizierte Kleidung (Global Organic Textile Standard) besteht überwiegend aus Naturfasern aus Bio-Anbau und vermeidet viele schädliche Ausrüstungen.

  • Sportmode-Hersteller: Einige Firmen bieten inzwischen recycling-Polyester mit reduziertem Mikroplastik an (z.B. mit der CiCLO® Technologie, die Mikrofasern biologisch abbaubarer machen soll). Auch gibt es erste PFAS-freie Regenjacken und Leggings.

2. Richtige Pflege und Waschen von Polyester

Komplett auf Polyester zu verzichten, wird nicht immer möglich sein – also solltest du vorhandene Polyesterstücke so behandeln, dass möglichst wenig Mikroplastik freigesetzt wird und die Kleidung hautschonender wird:

  • Seltener waschen: Jedes Waschen bedeutet Abrieb. Überlege, ob ein Sportshirt nach kurzem Tragen wirklich sofort in die Wäsche muss oder ob Lüften reicht. Oft kann Auslüften Gerüche entfernen. Wenn Waschen, dann erst wenn nötig.

  • Niedrige Temperaturen & Schonwaschgang: Warmes Wasser und starkes Schleudern begünstigen Faserbruch. Wasche Polyester idealerweise bei 30 °C im Schonprogramm. Das kann die Faserabgabe deutlich reduzieren.

  • Wäschesäcke / Filter: Eine sehr effektive Maßnahme sind spezielle Mikrofaserfilter. Es gibt sie in Form von feinmaschigen Beuteln (z.B. Guppyfriend), in die man synthetische Kleidung gibt. Tests zeigen, dass solche Beutel die Faseremission um ~54 % senken können und bis zu 86 % der Fasern zurückhalten. Auch Waschmaschinen-Filter zum Nachrüsten sind erhältlich (z.B. PlanetCare Filter), welche Mikroplastik auffangen. Für umwelt- und gesundheitsbewusste Haushalte sind solche Tools sehr zu empfehlen – sie verhindern, dass Mikroplastik ins Abwasser gelangt und halten die Kleidung intakter (weniger Faserbruch bedeutet länger haltbare Textilien).

  • Kein Weichspüler: Weichspüler enthalten oft kationische Tenside und Parfüme, die sich in der Faser ablagern (und anschließend an der Haut). Bei Funktionskleidung können sie zudem die Atmungsaktivität verringern. Besser ist, darauf zu verzichten – das schont Haut und Umwelt.

  • Erste Wäsche: Neue Polyesterkleidung sollte man vor dem ersten Tragen separat waschen. Dabei werden überschüssige Farbstoffe und Chemikalien ausgewaschen. Zwar werden auch Mikrofasern gelöst, aber lieber im Abwasser (ggf. aufgefangen durch Filter) als direkt auf der Haut. Nach ein bis zwei Wäschen „stabilisiert“ sich ein Kleidungsstück meist und fusselt weniger.

3. Mikroplastik im Haushalt reduzieren

Da wir wissen, dass Polyesterkleidung indirekt über Hausstaub und Umwelt wieder zu uns zurückkommt, kann man auch hier ansetzen:

  • Wohnung sauber halten: Regelmäßiges Staubsaugen (mit HEPA-Filter) und feuchtes Wischen bindet Staub und Mikroplastikpartikel am Boden. So atmet man weniger davon ein. Besonders Schlafzimmer sollten staubarm sein.

  • Lüften beim Trocknen: Wenn du Wäsche aus Kunstfaser in Innenräumen trocknest, lüfte gut – beim Trocknen können sich Fasern lösen. Noch besser: im Freien trocknen, damit Fasern draußen verbleiben.

  • Trinkwasser filtern: In Gegenden mit hoher Mikroplastikbelastung im Leitungswasser kann ein Wasserfilter (z.B. Aktivkohlefilter oder Osmose-Anlage) Sinn machen. So reduzierst du die Aufnahme von Partikeln durch das Trinken.

  • Lebensmittel plastikfrei lagern: Verwende Glas- oder Edelstahlbehälter statt Plastikdosen, um Essen aufzubewahren. Plastikverpackungen können Mikropartikel abgeben, insbesondere bei fettigen Lebensmitteln (Weichmacher lösen sich).

  • Keine Kunststoffe erhitzen: Erwärme Speisen nicht in Plastikschüsseln (auch nicht in der Mikrowelle). Hitze lässt Kunststoffe verstärkt Komponenten freisetzen, die dann im Essen landen (das gilt vor allem für BPA-haltige Behälter).

4. Ernährung als Mikroplastikfilter

Du kannst deinen Körper dabei unterstützen, mit bereits vorhandenen Schadstoffen bestmöglich umzugehen:

  • Ballaststoffreich essen: Eine faserreiche Kost mit Vollkorn, Gemüse, Leinsamen und Flohsamenschalen kann helfen, über den Darm Schadstoffe auszuleiten. Ballaststoffe binden im Darm einiges an unerwünschten Substanzen und beschleunigen die Transitzeit, sodass weniger aufgenommen wird. Eine Studie zeigte z.B., dass Mäuse mit Ballaststoffen mehr Mikroplastik wieder ausscheiden konnten als solche ohne genug Ballaststoffe.

  • Antioxidantien zuführen: Obst, Gemüse, Gewürze wie Kurkuma, Ingwer und Knoblauch liefern Antioxidantien. Diese können Entzündungen reduzieren und Zellen vor oxidativem Stress schützen, der durch Mikroplastik-induzierte Entzündungen entstehen kann. Kurkumin etwa wirkt leberschützend und entzündungshemmend, was helfen könnte, Mikroplastikfolgen abzumildern.

  • Hydration: Viel Wasser trinken unterstützt Nieren und Leber bei der Ausscheidung von Schadstoffen. Achte aber auf gefiltertes oder sauberes Wasser (siehe oben), um nicht ironischerweise mehr Mikroplastik aufzunehmen.

  • Bewegung & Schwitzen: Regelmäßiger Sport und Schwitzen (z.B. Sauna) fördern die Durchblutung und Entgiftung über Haut und Lymphe. In Schweiß wurden zwar bisher kaum Plastikpartikel nachgewiesen, aber einige Schwermetalle und Schadstoffe werden tatsächlich vermehrt über den Schweiß abgegeben. Sauna kann zudem das Immunsystem stimulieren, was bei der Beseitigung von Fremdpartikeln hilft.

  • Nahrungsergänzungsmittel mit Vorsicht: Auf dem Markt gibt es Produkte, die gezielt eine „Plastik-Detox“ versprechen – etwa Aktivkohle, Zeolith oder Algenpräparate (Chlorella, Spirulina). Aktivkohle kann im Darm Toxine binden, sollte aber nur kurzfristig und in Absprache mit einem Arzt eingenommen werden, da sie auch Nährstoffe binden kann. Zeolith (Vulkangesteinspulver) ähnelt in der Wirkung der Aktivkohle. Chlorella-Algen wurden in Studien erfolgreich eingesetzt, um z.B. Dioxine und gewisse Metalle zu binden. Ob sie auch Mikroplastikpartikel binden, ist nicht erwiesen, aber sie liefern zusätzlich Chlorophyll und Nährstoffe. Insgesamt gilt: Nahrungsergänzungen können allenfalls unterstützen. Die Hauptarbeit leisten immer noch Leber, Niere und Darm selbst, die kontinuierlich unseren Körper reinigen. Wundermittel sind skeptisch zu betrachten; viele Detox-Produkte machen überzogene Versprechen und solange die körpereigenen Entgiftungsorgane gut funktionieren, sind sie das beste Detox.

Durch die Kombination dieser Maßnahmen lässt sich das persönliche Risiko deutlich senken, ohne dass man komplett auf moderne Kleidung verzichten muss. Es geht – wie so oft im Bereich Gesundheitsprävention – um informierte Entscheidungen und Ausgleich: Wenn ich weiß, dass ich z.B. täglich 8 Stunden im Polyester-Bürooutfit verbringe, kann ich im Ausgleich darauf achten, zu Hause gemütliche Baumwollsachen zu tragen, mich gut zu hydratisieren und vielleicht ein, zwei dieser Präventionsstrategien einzubauen.

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Fazit

Polyester ist praktisch und allgegenwärtig – doch seine gesundheitlichen Schattenseiten rücken zunehmend in den Fokus. Die zusammengetragenen Fakten zeigen: Polyesterkleidung könnte ein unterschätzter Faktor im komplexen Puzzle hormoneller Störungen und Fruchtbarkeitsprobleme sein.

Für uns Ärztinnen und Ärzte bedeutet das: Umweltfaktoren wie Kleidung sollten bei Infertilität oder hormonellen Dysbalancen stärker berücksichtigt werden. Auch für jede:n Einzelne:n gilt: Es ist nicht nötig, Polyester komplett zu verbannen – aber bewusste Anpassungen können einen Unterschied machen.

Praktische Tipps im Umgang mit Polyester:

  • Wechselkleidung: Nach dem Sport schnell duschen und Funktionskleidung wechseln. • Baumwollunterwäsche: Eine dünne Baumwollschicht unter synthetischer Kleidung schützt Haut und Keimdrüsen.

  • Naturfaserschichten: Baumwollhemden unter Polyester-Pullovern reduzieren statische Aufladung. • Achte auf Beschichtungen: Bevorzuge PFAS-freie Outdoor-Bekleidung und meide alte Imprägniersprays.

  • Kleidung ausklopfen: Fleece- und Synthetiktextilien draußen kräftig ausschütteln, um Fasern zu lösen. Weitere Forschung ist nötig – aber die aktuellen Hinweise reichen aus, um einen kritischeren Umgang mit Polyester zu empfehlen. Die Haut ist unser größtes Organ. Was wir ihr anziehen, ist nicht egal. Weniger Plastikfasern auf der Haut bedeuten eine Investition in unsere hormonelle Gesundheit – und die der nächsten Generation.

Quellen

  1. Textile World – Man-Made Fibers Continue To Grow (2015): Globale Fasernachfrage und Polyesterproduktion

  2. GoodMakerTales – Does polyester underwear cause infertility? (2023): Zusammenfassung von Prof. Ahmed Shafiks Studien zu Polyester und Fertilität

  3. PubMed – Shafik et al. (1993): Hundestudie – Polyester-Unterhosen führen zu vermindertem Spermiogramm (reversibel nach Absetzen)

  4. PubMed – Shafik (2008): Hündinnenstudie – Polyestertextil hemmt Ovulation, reversibel nach Entfernung

  5. AAMC (Bridget Balch, 2024): Microplastics are inside us all – Nachweis von Mikroplastik in menschlichen Organen; Zusammenhang mit geringer männlicher Fertilität

  6. Hindustan Times (2025): Frequent use of plastic impacts female fertility – EDCs aus Plastik stören weibliche Fruchtbarkeit; PCOS und Endometriose im Zusammenhang mit BPA/Phthalaten

  7. Guardian (2014): Inside the fight against microfibers – Mark Brownes Forschung: ~1900 Fasern pro Waschgang von einem Kleidungsstück; Mikrofasern = 85 % des Mülls an Küsten

  8. Sustainable Fashion Forum (2018/2020 Daten): Polyester = 52 % der weltweiten Faserproduktion (55 Mio. Tonnen); 2020: 57 Mio. Tonnen

  9. Marktanalyse Women’s Activewear (2023): Polyester hat ~30 % Marktanteil im Activewear-Segment – meistgenutztes Material

  10. Selbst-management.biz (2025): Mikroplastik – Gefahr und Entgiftung – Tipps zur Reduktion (Naturfasern wählen, Filter, Ernährung)